Dienstag, 6. Oktober 2015

Scream: The TV Series - Season 1 (2015)

Inhaltsangabe:
Ein lesbisches Pärchen wird von Mitschülerinnen in einem intimen Moment gefilmt und nachdem das Video online gestellt wurde, kommt es zu massiven Schikanen. Kurz darauf wird Nina, eine der Amateur-Filmmacherinnen, auf brutalste Art ins Jenseits befördert. Ihre Freundin Emma, die zwar gegen die Veröffentlichung des Videos war, dies aber auch nicht aktiv verhinderte, erhält kurz darauf Anrufe und Kurznachrichten von Ninas Killer. Dieser gibt ihr zu verstehen, dass seine Taten mit einer 20 Jahre zurückliegenden Mordserie im Zusammenhang stehen, die Emmas Eltern damals als einzige überlebten.

Während der Killer seine perversen Spielchen mit Emma treibt und sie unter anderem vor die Wahl stellt, welcher ihrer Freunde als nächstes sterben soll, beginnt sie damit, die Vergangenheit ihrer Erzeuger genauer unter die Lupe zu nehmen, um dem Geheimnis hinter der Motivation des Mörders auf die Spur zu kommen. Doch die Zeit drängt, denn während Emma versucht, den Serientäter zu stoppen, ist dieser natürlich nicht untätig.

Wer steckt hinter den Morden? Emmas Ex-Freund, der heimlich die Webcams seiner Mitschülerinnen anzapft, um die so gefilmten Videos online zu verkaufen? Ihr Lehrer, der nach einer Affäre mit einer Schülerin - und deren Tod - eine neue Identität angenommen hat? Ihre Mutter, die wichtige Teile ihrer Vergangenheit verschweigt? Ihr Vater, der seine Familie wegen eines dieser Geheimnisse verließ? Der Video-Nerd, der viel zu viele Theorien zu den Morden hat und mehr zu wissen scheint, als er vorgibt? Die ehemals beste Freundin, die Opfer des Cyberbully-Videos wurde und deren Liebhaberin scheinbar Selbstmord beging?
Verdächtige gibt es, wie Sand am Meer. Wird Emma das Gemetzel stoppen können, bevor ihre Familie, alle Freunde und sie selbst dem maskierten Schlitzer zum Opfer gefallen sind?

Besprechung:
Im Vorfeld wurde viel spekuliert, ob sich eine Slasherfilm-Handlung in das Serienformat pressen lässt, ohne die genreübliche Spannung einzubüßen. Prinzipiell halte ich es für möglich, da dies meiner Meinung nach bereits 2009 von "Harper's Island" eindrucksvoll bewiesen wurde. Daher war ich für einen weiteren serialisierten Slasher absolut offen und der Auftakt war sehr vielversprechend, da der Mord an Bella Thornes Charakter Nina, mit dem der Pilot begingt, sehr gut gespielt und effektiv in Szene gesetzt wurde. Mit der ikonischen Anfangssequenz des ersten Scream-Kinofilms im Hinterkopf, ist den Machern hier ein fast ebenbürtiger Start gelungen. Die Hoffnung war somit geschürt, dass der Rest der Serie auf ähnlichem Niveau verläuft und hier ein echter Hit vorliegt, doch leider kann die Serie diese Qualität nicht über die gesamte Laufzeit der 10 Folgen der ersten Staffel aufrecht erhalten.

Die gute Nachricht vorweg: Die schauspielerischen Leistungen reichen von solide bis sehr gut, technisch gibt es an der Serie nichts zu bemängeln und bei den effektiv in Szene gesetzten Morden kommen auch Gorehounds auf ihre Kosten. Wie so oft liegt der Hund im Drehbuch begraben.

Nach dem starken Auftakt und insgesamt recht ansprechenden Piloten hält leider sehr schnell der normale Serienalltag Einzug. Zu viele Soap-Opera-Dialoge verderben das Vergnügen und das Verhalten der Hauptfiguren ist nicht wirklich realitätsnah. So weigern sich Emma und ihre Freunde beispielsweise permanent, die Polizei zu involvieren, wenn der Killer sich mit ihnen in Verbindung setzt, da der Sheriff beim ersten Hilfeersuchen versagte und der Mörder damit droht, eine weitere Bluttat zu begehen, wenn die Gesetzeshüter eingeschaltet werden. Da der Schurke aber weitermetzelt, auch wenn die Schüler auf eigene Faust investigieren und sich somit nur selbst in Gefahr bringen, ist dieses Verhalten absolut nicht nachvollziehbar.
Genauso wenig macht es Sinn, dass Emma ständig für den Killer erreichbar ist. Wenn man einen Anruf ignoriert, kann man auch nicht ins Geschehen gezerrt werden. Man muss aber einrechnen, dass sie neugierig ist und vermutlich glaubt, die Mordfrequenz würden sich erhöhen, wenn sie das Spiel des Killers nicht mitspielt - was wahrscheinlich sogar zutreffend ist. Dennoch gibt es Situationen, die nicht tragbar sind. Warum muss Emma, während sie bei einer Andacht einen Nachruf hält, ihr Handy ungesperrt vor sich legen, um dann während der Rede ein Video eingespielt zu bekommen, welches sich scheinbar von allein startet und sie völlig aus der Bahn wirft. Kann man sein Mobiltelefon nicht für einen solchen Anlass abschalten?
Das Drehbuch ist vollgestopft mit solchen "Das macht doch im echten Leben keiner"-Momenten, was der Geschichte einen Großteil der Glaubwürdigkeit raubt.

Zudem benötigt ein Slasher einen entsprechenden Bodycount, also genügend Opfer, die in der Serie über die Klinge springen, um wirklich funktionieren zu können. Hierbei ist die erste Staffel zu zurückhaltend, wobei in den ersten Episoden noch eine deutlich höhere Todesquote vorliegt. In den späteren Folgen wird natürlich mit jedem Mord auch ein zuvor mühsam eingeführter Charakter eliminiert, wobei sich ein schrumpfender Personenkreis auch auf die Anzahl der potentiellen Verdächtiger auswirkt, was die Auflösung der Handlung zu vorhersehbar machen könnte. Für das geschulte Auge des Genrefans ist die Enthüllung des Killers dennoch mit keiner echten Überraschung verbunden, wobei sich die Produzenten eine Hintertür für die zweite Staffel offen lassen. Hier wäre es vielleicht besser gewesen, im Geiste aktueller Anthologie-Serien wie "American Horror Story" oder der ähnlich gearteten, neuen Serie "Scream Queens", auf eine Fortführung der Handlung zu verzichten und mit der zweiten Season eine komplett neue und frische Geschichte zu erzählen.
Doch zurück zum Thema des geringen Bodycounts: Ohne eine ausreichend hohe Anzahl von Morden ist ein Serienmörder nicht wirklich als solcher zu bezeichnen. Sicherlich könnte ein gutes Drehbuch viel kaschieren und die Zuschauer auch ohne Blut bei der Stange halten, aber leider sind die Handlungsverläufe zu vorhersehbar, um echte Spannung aufkommen zu lassen. Dies ist wohl das schlimmste, was man einem Slasherfilm vorwerfen kann: Seine Zuschauer zu langweilen und keine Spannung aufzubauen. Leider trifft dieser Vorwurf auf die erste Staffel über weite Strecken zu. Erschwerend kommt hinzu, dass durch das irrationale Verhalten der Charaktere und die generell sehr schablonenhafte Struktur des Handlung kein echtes Interesse an den Figuren entsteht. Man kann eben nur mit Figuren mitleiden und -fiebern, wenn man sich mit ihnen identifizieren und eine emotionale Bindung aufbauen kann. Dies ist das hauptsächliche Manko der Serie, wodurch zumindest die erste Staffel nicht über den Durchschnitt hinauskommt.

Abschließend sei noch erwähnt, dass die Serie absolut nichts mit der Scream-Filmreihe zu tun hat. Weder die Handlung, noch die Charaktere oder Handlungsorte weisen eine Gemeinsamkeit auf. Stilistisch gibt es zwar die eine oder andere Anlehnung und man erkennt in manchen Gags eine augenzwinkernde Verbeugung vor dem Original, aber von einer sehr entfernt an die ikonische Ghostface-Maske erinnernde Gesichtsbedeckung des Mörders abgesehen, gibt es keine Zusammenhang zwischen Filmen und Serie. Man hätte also durchaus auf den Namen "Scream" verzichten können, aber hier liegt eine klare Marketing-Entscheidung vor und MTV greift ja nicht zum ersten Mal auf den Namen eines Franchises zurück - ich sag nur "Teen Wolf". Eine solche Entscheidung hat aber Vor- und Nachteile: Zum einen profitiert der Produzent von einem bekannten Namen, zum anderen hat der Zuschauer durch den Namen auch gewisse Erwartungen an das neue Produkt. Bei Scream waren die Erwartungen hoch und rückblickend wäre das Produktionsteam besser beraten gewesen, einen eigenständigen Namen genutzt zu haben, denn dann hätte der Zuschauer die Serie möglicherweise weniger kritisch und wohlwollender aufgenommen.

Spielen die Filme und besonders der erste Teil der Scream-Reihe geschickt und effektiv mit den Klischees des Genres, bedient die Serie diese leider nur. Schade um das verschenkte Potential.

Bewertung: 4,5/10


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